12 Minuten und 12 Sekunden schweigen

Woher nimmst du eigentlich die Gewissheit, dass es aus Trotz passiert ist? Das ist doch nichts weiter als deine eigene Interpretation des Geschehens.

Ich habe das gestern komplett anders im Oberrang wahrgenommen. Die Mannschaften kamen aufs Feld, das Spiel ging los und irgendwie war es ziemlich ruhig. Also gingen einige Leute in die Offensive um die Mannschaft anzufeuern. Da war im Oberrang - zumindest in meiner Nähe - nichts von Provokation oder Trotz zu merken. Es sollte einfach angefeuert werden. Punkt.

Dass dann daraufhin allerdings Pfiffe kommen, hat sicherlich nicht dazu beigetragen, dass die Atmosphäre zwischen den Fronten aufweicht.

 

Das klingt gerade ein bisschen wie der Spielplatz der Eitelkeiten hier. Beide Ränge nehmen sich selbst völlig anders war, als der jeweils andere dies tut. Beide fühlen sich provoziert, wo vielleicht gar keine Provokation stattgefunden hat.
Die Einen sehen sich als die einzig wahren Supporter, die Anderen bemängeln die Massentauglichkeit des Supports.

 

So langsam kann ich es auch nicht mehr lesen. Klar stimmt es, dass Ost oben mittlerweile auch viele "Konsumenten" sitzen, aber zu behaupten, da würde ja nie was kommen aus dem Ost-Oberrang und daher wäre auch das Verhalten gestern "offensichtlich", ist mir einfach zu pauschal. Ich sitze zwei Plätze neben WOMLSascha und kann somit die gleichen Eindrücke sammeln, die er hier seit gestern abend eigentlich ganz gut wiedergibt.

Es stimmt sicherlich, dass die Bereiche des Stadions (und das war nicht nur Ost oben, sondern auch Teile der Nord, so zumindest mein Eindruck), die gestern in 12:12 Stimmung gemacht haben, danach weitestgehend in der Form nicht mehr zu hören waren. Nur hatten wir nach 12:12 wieder mit den Problemen zu kämpfen, mit denen wir Ost oben eigentlich immer zu kämpfen haben: Es gibt in "langweiligen" Phasen des Spiels immer kleinere Grüppchen, die was anstimmen, was dann aber nun mal leider nicht überschwappt. Wenn es vielleicht mal bis zur Mitte des Oberrangs geht (ich sitze etwas mehr zur Seite hin), ist das schon ein Erfolg, ebbt dann aber trotzdem wieder ab und kommt so gut wie nie unten an, so dass es auch keiner der Vorsänger mal mit aufnehmen könnte. Was natürlich auch mit den dauerhaften Galeerengesängen zu tun hat. Diese kleineren Gruppen haben nun auch gestern von Minute 1 an supportet. Das hört man dann natürlich wesentlich besser, wenn der Rest schweigt, und somit stimmen viel mehr Leute darin ein, als wenn der "normale" Support in der Kurve der Ultras läuft. Sicherlich will ich nicht absteiten, dass es auch einige gab, die extra deswegen supportet haben, um den Ultras mal eins auszuwischen und dass andere, die zunächst ruhig waren, vielleicht von den Pfiffen und Stinkefingern der Ultras dann zusätzlich noch angestachelt wurden. Wie groß der Anteil derer war, mag ich nicht beurteilen, halte es aber für falsch, die Supporter von gestern aus den ersten 12:12 unter Generalverdacht zu stellen. Warum es danach so rüber kam, dass gar nicht mehr supportet wurde, dazu hab ich was geschrieben und gleich kommt noch was:

Ich schweife jetzt zwar etwas in die Stimmungsdiskussion ab (hier gehts ja immer noch um 12:12), aber ich sehe das folgendermaßen: Diese ständigen, kleinen Versuche des Oberranges gibt es öfter. Es wird sie sicherlich auch Ost unten und Nord Seite geben. Von kleineren Gruppen, die überall verstreut sind und die sich die ständigen Aussagen, auch aus Ultra-Kreisen "Macht doch was Eigenes, wenn Euch unser Support nicht gefällt", zu Herzen nehmen und was machen möchten. Leider schwappt das eben aus schon angesprochenen Gründen in den seltensten Fällen mal über. Ich verlange nicht von den Ultas, dass sie sich aus irgendwelchen Gründen irgendwelchen Wünschen oder Begehrlichkeiten anderer Leute unterordnen. Die können im Stadion machen, was sie wollen. Da sie aber immer und immer wieder den Support der Mannschaft als das wichtigste ankündigen, was es für sie im Fussballstadion gibt, dann finde es ich es eben schade, was sie aus den Möglichkeiten, die sie eigentlich haben, machen. Was das für Möglichkeiten sind?

1) Sie sind organisiert
2) Sie haben Vorsänger, die koordiniert Gesänge aufnehmen und "verteilen" können
3) Sie haben die Leidenschaft und den Willen, 90 Minuten Gas zu geben und zu supporten.

Diese "Möglichkeiten" hat der normale Stadionbesucher nicht, vielleicht bis auf Punkt 3). Von jedem, der supporten möchte, zu verlangen, sich zu den Ultras zu stellen, steht dann halt manchmal auch im Gegensatz zu dem Wunsch, trotzdem das Spiel sehen zu wollen (Thema Fahnen etc.). Dass die Ultras nun also so felsenfest auf ihre Dauergesänge bauen, egal zu welcher Phase des Spiels, ist schade und der Sache nicht dienlich. Und da muss auch keiner kommen mit "Aber es werden doch bekannte Sachen angestimmt". Sorry, aber meiner Wahrnehmung nach passiert das in den letzten Spielen immer weniger. Ich kann Ost oben größtenteils schon gar nicht mehr verstehen, was da unten gegrummelt wird. Da kann ich dann auch schlecht einsteigen und mitmachen.

Ich weiß, wir drehen uns mal wieder im Kreis, aber ich sitze nun auch schon fast 8 Jahre Ost oben und lasse mir nicht erzählen, dass wir jetzt alle die bösen Ultra-Hasser und Stimmungs-Boykottierer sind. Wäre das so, dann würde bei den Wechselrufen, bei spielabhängigen Anfeuerungen, bei der Welle oder "Steht auf.." schon gar keiner mehr mit machen. Klar gibt es viele negative Stimmen gegen die Ultras auch in dem Bereich, in dem ich sitze, aber dass man trotzdem noch zusammen singen und supporten kann, wird in den von mir beschriebenen Beispielen ja nun auch nicht selten bewiesen.

 

Aber man sollte, wenn Fanaktionen, die einem nicht passen und die keinen menschenverachtenden Hintergrund haben, diese eben auch nicht boykottieren, das macht diejenigen, die eine Aktion machen, eben sauer. Ich kenne dies, und darum werfe ich es in einen Topf, lieber karusselbremser, von der Aktion "Mit Herz und hunt", als aus den Reihen mehr oder wengiger derselben Oberrangler, die jetzt mutwillig 12:12 boykottierten, Pöbeleien, Gewaltdrohungen bis zu körperlicher Gewalt kamen sowie den Versuch, das Plakat herunterzureißen, u.a. vom Fanclub "Werder Ossis", weil ja Hunt quasi ein Unmensch wäre und für "den" eine solche Aktion jawohl überhaupt nicht ginge. Es sind immer mehr oder weniger dieselben Trotzköpfe. Und das war keine Ultra-Aktion, sondern eine von Werder-Forenusern. Allerdings haben "die" ultras, bzw. Racaille Verte, heute teilw. Caillera hilfreich zur Seite gestanden, mit Rat, per Telefongespräch, bei der Koordinierung mit einer Fanaktion von ihnen, bei der Übergabe von Pässen etc. pp.

Insofern kann ich soviel sagen: Wer als Fan aktiv werden will, der muss quasi an die Ultras sich wenden. Wer sich auf unterstüzung aus dem Oberrang verlassen will, der ist verlassen.

 

Kommunikationsproblem...

 

@StoneCold

Auch dir ein Dankeschön für deine Einschätzung, die sehr gut das Dilemma eines Fans beschreibt, der einerseits das Spiel mit all seinen taktischen Finessen verfolgen möchte und andererseits dennoch gewillt ist, das Team so gut es geht anzufeuern.
Das geht nunmal nur, wenn man auch mitgerissen wird und nicht mit Dauergesängen. Die Dauergesänge will ich gar nicht kritisieren. Die Ultras wollen und können sich ja gerne auch von der Masse abheben, was sie damit tun.
Aber die Stimmung insgesamt leidet darunter, da keiner der Fans, die nicht unmittelbar im Block stehen, da wirklich mitmachen kann.

 

Wieso kann?

Gestern kam übrigens nach 12:12 "Wo die Weser einen großen Bogen macht", aber diesen neumodischen Kram kann im Oberrang halt keiner...

 

Ich weiß, was Du meinst, ich hab um mich rum leider auch einige Mitglieder solcher Spezies sitzen (sind aber glaub ich keine "Werder Ossis"), die gerade bei Hunt teilweise abgehen wie ne Rakete. Das ganze Spiel über Fresse halten und beim ersten Fehlpass von Hunt diesem die Bundesligatauglichkeit absprechen. Gestern auch schön: "Der Fritz konnte noch nie flanken" (die Flanke kam von de Bruyne). Nur was sollen wir gegen solche Leute machen? Es gibt schon von unserer Seite aus öfter mal Sprüche, die dann auch lauter sind und die von den Leuten auch gehört werden. Es gab vor 1-2 Jahren (?) auch fast schon körperliche Auseinandersetzungen mit diesen Vollpfosten. Nur da muss ich sagen, diese Leute sind es nicht wert, sich im Stadion zu prügeln und evtl. noch Verbot zu kriegen. Da lasse ich die dann lieber labern, denke mir meinen Teil dazu und lasse die dann in Ruhe nach Hause gehen, wo sie sich dann wahrscheinlich auf ihren geilen Stadionbesuch einen runterholen und danach erstmal wieder von ihrer Frau verprügelt werden oder sowas.

Nur muss ich auch sagen: Der Anteil dieser Leute hindert uns oben trotzdem nicht daran, Stimmung zu machen. Natürlich machen die dabei nicht mit, aber das Verhältnis der Leute, die grundsätzlich supporten wollen, im Gegensatz zu beschriebener Spezies, ist zum Glück immer noch gefühlt 90% zu 10%. Solche Leute kriegst Du nie aus dem Stadion raus, genauso wie Du wohl einige rechte Gestalten nie raus kriegen wirst. Leider ist das so, aber dafür ist Fussball halt ein Volkssport.

EDIT:

Das habe ich oben zum Beispiel nicht einmal gehört...

 

Ich kann da jetzt nur für mich sprechen. Ich wohne nicht in der Nähe von Bremen und bin somit nicht im Wesersation, sondern mal in Aachen Stadion, mal in Köln, mal in Kaiserslautern, mal in Main, mal in Dortmund.
Was ich damit sagen will: Ich kenne somit nicht die Fangesänge der eingefleischten Stadiongänger in den Fankurven.
Und ich denke, dass es doch Einigen so geht, selbst wenn sie dauerhaft in einem Stadion sind. Ich fordere gar nicht, dass die Ultras dauerhaft massenkompatible Gesänge anstimmen, aber sie müssen sich dann auch bewußt sein, dass mehr als Klatschen bei vielen anderen nicht möglich ist.

Ich bin der Meinung, dass in der Phase eines Spiels, in der es für die eigene Mannschaft nicht so läuft, die Ultras dafür sorgen können, die Stimmung im Stadion so zu puschen, dass es aufs Team überschwappt. Das geht imho nicht im diesen hypnotisierenden Dauergesängen. Aber das ist nur meine Meinung.

 

Klar, weil direkt nach 12:12 ein Großteil des Stadions gegen den OSt-Unterrang gepfiffen hat.

 

Könnten sich nicht Vertreter von Ost oben und Ost unten mal zusammensetzen?

Ich bin ja aufgrund der Nähe eher in der Cannstatter Kurve als im Weserstadion zu finden, aber das funktioniert das ganz gut mit oben und unten... Sobald von unten nix kommt, fängt der Oberrang an und die ziehen dann den Unterrang mit, ohne Pfiffe oder gegenseitiges Fertigmachen.

Auf das wurde sich in einem gemeinsamen Dialog geeinigt.

Warum geht das nicht bei Werder?

 

Das wäre eine vernünftige Lösung, die wohl allen gut täte.

 

Wie du siehst, gestaltet es sich hier im Forum schon schwer einen Konsens zwischen beiden Gruppen zu finden und hier finden sich, so denke ich moderate Unterrangbesucher und gewillte Oberrangbesucher.
Wenn du bedenkst, dass du im Stadion im Oberrang auch einige stille Nörgler sitzen hast und im Unterrang auch wesentlich radikaler denkende Ultras, dann wird das sehr sehr schwer. Einzig die Leidenschaft zu Werder verbindet ja die völlig unterschiedlichen Charaktere in einem Stadion. Ob das ausreicht, um dauerhaft an einem Strang zu ziehen bezweifle ich.

 

Das wäre sicherlich nicht unvernünftig. Ein Problem dabei dürfte aber sein, dass "der" Oberrang an sich nicht organisiert ist und wegen der sehr unterschiedlichen Besetzung dort auch schwer einheitlich zu organisieren sein dürfte.

@Stone Cold
Sehr gut zusammengefasst

@maddin

Zu der Herz und Hunt Aktion kann ich gar nichts sagen, da ich damals bei dem Spiel nicht dabei war. Wenn es sich so abgespielt hat, wie du schreibst, ist dass allerdings unterirrdisch. Alleine, mit einigen Vollpfosten muss man beim Fussball eben leben. Genau wie mit den Meckerheinis, bei denen ich mich schon als Kind immer gefragt habe, warum die sich überhaupt ein Werder-Spiel anschauen, wenn das eh alles Scheiße ist und die Spieler nix können.

 

In der momentan aufgelandenen Atmosphäre würde ich davon abraten, weil es eigentlich nur in metaphorischen (hoffentlich) Mord und Totschlag enden würden.

Aber das, was sich auf den letzten Seiten lesen lässt, ist ein ewiges Sich-Im-Kreis-Drehen, bei dem keine Seite sich mit Ruhm bekleckert.

Vielleicht in der Sommerpause mal in einen Dialog treten. Ein Versuch kann nicht schaden und vielleicht kommt ja wirklich was sinnvolles raus.

@ karussellbremer
Gibt es im Oberrang Dauerkartenbesitzer oder Fanclubs? Ich kenne mich da nicht so genau aus.
Ich kann halt nur von der Mercedes-Benz- Arena sprechen, aber die haben dort fast alle DKs und sind auch las Fanclubs vertreten, daher hat das geklappt.

 

Das wird man nur rausfinden, wenn man es ausprobiert. Man, im Unterrang stehen doch nicht nur pubertierende 16Jährige sondern ganz normale Leute. Und im Oberrag dürfte es ja auch noch genügend geben, die nicht zu den ewigen Nörglern und Grisgramen zählen.

 

Was ich auch, aufgrund der Pfiffe von Ost unten gegen Ost oben während 12:12 und der nicht wenigen Stinkefinger, ein wenig nachvollziehen kann. Allerdings dauerte das maximal ne halbe Minute und auch danach hab ich kein "Wo die Weser.." vernommen. Ich habe allerdings auch schlechte Ohren.

 

Momentan kann man froh sein, dass erstmal ein paar Wochen Pause herrscht.
Ich bin dennoch gespannt, was bspw. auf Schalke los sein wird im Pokalspiel.

Die einzige Möglich besteht darin, sich zusammenzusetzen und den Versuch sollte man auf jeden Fall unternehmen. Es ist eben nur die Frage, wer die Fans außerhalb des Unterrangs vertritt, wenn diese ja nicht organisiert sind.

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist ja der Unterrang nicht mal selbst einig und das ist dann ja erstmal die Vorraussetzung für alles weitere. Die müssen sich über ihren Kurs einig werden.

 

Meines Wissens viele DK-Besitzer. Ein paar Plätze scheinen auch für Tageskarten frei gebliebem zu sein. Zumindest direkt vor mir sitzen immer andere Leute.

Was Fanclubs angeht, kann ich dass nicht so wirklich beantowrten. SPQB sitzt in der Mitte oben. Ansonsten habe ich so direkt noch keinen als solchen erkennen können.

 

Es gibt quasi keine "Vertreter" von Ost oben.

Ich selber hatte in Gesprächen mit den Ultras das Gefühl, das keine Kompromissbereitschaft vorhanden ist, habe es daher irgendwann gelassen (ist daher auch schon einige Jahre her und mag nun anders sein).